Antisemitismus - Antizionismus - Antijudaismus - Philosemitismus



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Dieser Blogbeitrag enthält eine lose Sammlung unterschiedlicher Äußerungen von Antisemitismus und solchen Äußerungen, denen Antisemitismus unterstellt wurde, beginnend mit dem Mai 2021, den Äußerungen von Hans Georg Maaßen und einem Retweet von Greta Thunberg. Es ist der Übertrag eines unübersichtlichen Threads auf Twitter, der hier nach Zeit und Thematik so weit wie möglich geordnet werden soll. 

Im Jahr 2015 hat die "International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA)" in Budapest eine Arbeitsdefinition zum Antisemitismus erarbeitet. Sie enthält festgelegte Punkte, anhand derer man Antisemitismus erkennen kann. 

 Als Einstieg möchte ich das zusammenfassende Dossier "Ideologische Erscheinungsformen des Antisemitismus" von Armin Pfahl-Traughber aus dem Jahr 2007 aus der Zeitschrift APuZ - Aus Politik und Zeitgeschichte der Bundeszentrale für politische Bildung empfehlen. Ich werde versuchen, diese Einteilung zu übernehmen. 

In der Antisemitismusforschung gilt die antike Judenfeindschaft als eine der historischen Wurzeln des Antijudaismus und des Antisemitismus. Erklärung bei Wikipedia.



Die Begriffe überlappen sich und lassen sich nicht scharf abgrenzen, ebenso bleibt antisemitisches "Geraune" nicht auf Juden beschränkt.


Antijudaismus 

Die älteste Form des Antisemitismus als kirchlicher oder religiöser Antisemitismus, der sich bis heute fortsetzt. Definition bei Wikipedia

Die Judensau, nicht nur in Wittenberg

Sei etwa 2019 schwelte der Streit um die Judensau an der Wittenberger Kirche, in der einstmals Luther nach der Reformation predigte. Zeit online von 2019 mit Stimmen zur Forderung, das Relief zu entfernen. Erklärung des Begriffs und eine Liste weiterer Darstellungen im Wikipedia-Artikel.

Das schwarze Relief an der hellen Kirche, unten die Stele mit der Erklärung



Der BGH als oberstes Gericht urteilte im Juni 2022, dass die Darstellung als Kulturerbe erhalten bleiben solle. Insbesondere deutsche Christen sprachen sich bislang ebenso für den Erhalt aus. Zuletzt im Oktober der Kirchenbeirat in Wittenberg, der sich aber für eine ausdrücklich bessere geschichtliche Einordnung und Erklärung einsetzen möchte, einschließlich einer offiziellen Entschuldigung an die jüdische Gemeinde. Bericht beim MDR 
Über die Ergebnisse dieser Beratungen berichtet die Jüdische Allgemeine im April 2023. 

Auf Luther selbst soll die schmähende Inschrift über dem Relief zurück gehen. Einige Historiker sehen Lutherische Schmähschriften als Grundlage des modernen Antisemitismus. Bericht der Welt. Erklärt wird hier Luthers Hass auf Juden auch mit deren Weigerung zur reformierten und brandneuen evangelischen Kirche zu konvertieren. Im Gegenzug dazu gibt es das messianische Judentum des sogenannte "Judenchristentums", nähere Erläuterungen bei Telepolis. Luthers Meinung über die Juden finden  sich in seinem Buch "Von den Juden und ihren Lügen"/ Wittenberg 1543. Ein erhaltenes Exemplar wurde für das Internet digitalisiert. 

Der Ausdruck "Judensau" und die Verwendung von symbolischen Schweinen als unreine Tiere zusammen mit Davidsternen gilt als (strafbare) antisemitische Äußerung. Zum Skandal wurde 2013 der Ballon in Form eines Schweins, den Roger Waters bei den Aufführungen von Pink Floyds "The Wall" aufsteigen ließ. Stuttgarter Nachrichten. Videosequenz aus dem Konzert, hier ohne Sicht auf den Davidstern. Roger Waters ist BDS-Aktivist, weitere Informationen über ihn siehe unten unter BDS. Auch die B.Z. greift im Jahr 2013 die Debatte über das Schwein auf, das sich schon auf dem Cover des Pink Floyd-Albums Animals befunden hat. Von Usern bei Twitter wird argumentiert, es wären zum einen alle religiösen Symbole auf dem Schwein vereint, zum anderen würde unterschiedliche Losungen auf das Schwein geschrieben. Und es gäbe auch noch ein fliegendes Schaf.

Surreale Szene/ Geschichte aus 1976 vom echten Erstflug

Eindeutige Botschaft

Auf der neuen Tour ab Mai 2023 tanzt auf der Video-Wand ein Banker (?) im Anzug mit Schweinekopf zu wirbelnden Geldbündeln. Tweet. Thread über ein ganzes Konzert mit Fotos. 





Der Streit um die Darstellungen auf der Documenta 15 in Kassel drehte sich u.a. um eine Darstellung von Menschen mit Helmen und einer Art Schweinsrüssel im Gesicht. Bericht in der ARD.




Die Protokolle der Weisen von Zion. 

Die Protokolle der Weisen von Zion sind eine Zusammenstellung von willkürlich ausgesuchten Lügen, wie die Juden die Welt manipulieren wollen. In einem Artikel der bpb wird geschildert, wie sich die Erschaffung der Protokolle abgespielt haben könnten, die zuerst 1903 in Russland erschienen waren, in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts in Großbritannien bereits als Lüge entlarvt wurden und dennoch benutzt wurden, um den Holocaust zu "rechtfertigen". Wikipedia 

Aus dem Artikel der bpb: Zurück in die Jewkunft  (Videokanal Wahre Welle)




Die Lüge "Das Weltjudentum will die Christen vernichten" ist die antijudaische Komponente in den Texten. 



Antizionismus


Der Antizionismus richtet sich gegen den Staat Israel mit "ungerechtfertigte Landnahme" und als "Apartheidstaat", der die Palästinenser unterdrückt. Antizionismus als Israel-bezogener Antisemitismus lässt sich mit einer einfachen 3D-Regel erkennen: Doppelstandards, Delegitimierung oder Dämonisierung Israels, plus einem 4. D für De-Realisierung. Definitionen beim Bundesbeauftragten für Jüdisches Leben. Dennoch sind die Grenzen zum  Antisemitismus fließend, "Antizionismus ist der neue Antisemitismus" benannte es der französische Staatspräsident 2017 anlässlich einer Gedenkfeier in Paris. Eine andere Einschätzung trifft der Professor des Al-Mustafa Institut Berlin Mahdi Esfahani. Auf seinem Blog Spektrum Islam im Beitrag "Ist Kritik am Zionismus Antisemitismus" aus dem Januar 2023 (?). Hier wird die Springer Presse als zionistische Lobby bezeichnet. Pfahl-Traughber schreibt für Bundeszentrale für Politische Bildung in einem Artikel zu  "Antizionistischen und Israelfeindlichen Antisemitismus" eine Einordnung. 

BDS - Boykott, Divestment, Sanctions

BDS ist eine weltumfassende Kampagne, um den Staat Israel zu schädigen. Die Kampagne beruht auf einem Aufruf von Aktivisten aller politischer Lager, den Palästinensern ihr Land zurück zu geben und gipfelt darin, Israel sein Existenzrecht abzusprechen. BDS wurde in Deutschland zunächst 2019 geächtet, indem man beschloss für BDS-Veranstaltungen keine von Steuern bezahlte öffentliche Räume mehr zu vergeben. Dagegen wurde vereinzelt geklagt. Bericht bei den Ruhrbaronen. Im Mai 2019 verabschiedete der Bundestag mit großer Mehrheit, die BDS-Kampagne als einen Ausdruck von Antisemitismus zu bekämpfen. 

Die Plattform Marx21 veröffentlicht daraufhin einen Artikel mit FAQs zur BDS und nennt dabei als Legitimation diverse bekannte Aktivisten, insbesondere aus den USA. Das Credo laut Marx21 ist: BDS orientiert sich an einem einfachen Grundsatz: Palästinenserinnen und Palästinenser müssen die gleichen Rechte haben wie der Rest der Menschheit

Claudia Roth (in 2019 einfache Parlamentarierin, ab 2020 Kulturstaatsministerin) hat auf ihrer Homepage dargelegt, warum sie der Resolution nicht zugestimmt hat. Gezeichnet ist der Text auch von mehreren anderen Grünen. Über archive. Im Mai 2023 wird Roth für ihre Verweigerung während einer Veranstaltung ausgebuht. Kommentar in der FAZ über den Verlauf des Abends. 

Im Jahr 2017 sagt die führende (?) deutsche BDS-Aktivistin Doris Ghanam in einem Interview, dass man die Apartheid in Israel nicht der in Südafrika gleich stellen wollen, andere Aktivisten tun dies dennoch. Ghanam führt das größte Blog zur Information über BDS in Deutschland. 


Die Initiative "GG 5.3 Weltoffenheit" als Zusammenschluss diverser Kultureinrichtungen wendet sich gegen den BDS-Beschluss des Bundestages. Aufgrund dieses Zusammenschlusses erfolgt im Mai 2023 eine Konferenz über "Antisemitismus im Kunstbetrieb", die taz berichtet über jüdische Bürger und deren Probleme an deutschen Theatern und im Musikmanagement. 

Bekannter deutsche Vertreter sind die Linken-Politikerinnen Annette Groth und Inge Höger sowie Professor Michael Meyen (Blogbeitrag) mit seinem ehemaligen Mitarbeiter Kerem Schamberger (siehe 2022, weiter unten). 

Roger Waters trat 2011 der BDS-Bewegung bei. Sammlung von Äußerungen von Rogers Waters bei ADL (Anti-Defamation League). Geplante Konzerte in Deutschland sollten abgesagt werden, insbesondere das in Frankfurt. Jüdische Allgemeine/Februar 2023. Im April erkämpft der Medienanwalt Ralf Höcker den Auftritt in Frankfurt gegen die Stadt als Vermieter der Halle. Pressemitteilung der Kanzlei über archive. Tweet von Höcker zur "Symbolpolitik" siehe unten. 

Greta Thunberg wurde im Mai 2021 des Antisemitismus beschuldigt, als sie Naomi Klein, die Umweltaktivistin retweetete. Diese hatte sich der BDS-Bewegung im Jahr 2009 angeschlossen. Wikipedia. Zudem wurde Thunberg in Mailand 2021 ein junger Mann als Freund zugeschrieben, der einen Schal in palästinensischen Farben trug. Artikel auf der Plattform Nau Media, Schweiz

Der Retweet von Malalas Tweet zum gleichen Thema wurde nicht beachtet. 


Als Greta Thunberg im Januar 2023 zur großen Demo in Lützerath kommt (Bericht im Handelsblatt), tweetet Julian Reichelt, man würde mit einer Antisemitin und Anführerin einer Israel-feindlichen Organisation laufen. 

Friday for Future war mehrmals mit Palästina-freundlichen Tweets aufgefallen, in Deutschland wurde Luisa Neubauer dazu befragt, konnte aber keine zufriedenstellenden Antworten auf die Frage geben, wie man künftig bei FfF klimapolitische Themen von BDS und anderen Israel-feindlichen Äußerungen trennen könne. Bericht im Cicero über archive. Eine kanadische Gruppierung postet über den internationalen FfF-Instagram-Account Fakten zu Palästina und Nakba, der die muslimische Sicht zeigt, FfF Germany distanzierte sich. Belltower

Anlass zu Debatten gab auch das kurze Video von Greenpeace mit dem Protestsong der Band AnneMayKantereit, in dem im Publikum eine Palästinenser-Flagge geschwenkt wird. Zudem hat eine junge Frau im Hijab über den Kolonialismus gesprochen, der von Israel ausgehen würde. (Video bei Twitter, ich suche noch)

Die Uneinigkeit von FfF zeigt sich auch innerhalb von Twitter, wo auf einen Tweet von FfF International mit großer Empörung reagiert wurde, FfF Deutschland distanzierte sich. Artikel in der Jüdischen Allgemeinen.  


Auch Esther Bejarano unterstützte den BDS, da sie schon bei der Einwanderung nach Israel nicht einverstanden war, wie Ben Gurion und Golda Meir das Land annektierten und Palastinenser drangsalierte. Bekannt wurde dies durch ein Interview im Jahr 2018 (deutsche Übersetzung, PDF, hier) auf einer Plattform, die sich "The Electronic Intifada" nennt. In einem Nachruf zum Tode Bejaranos schrieb die Jüdische Allgemeine, die Familie hätte 1960 Israel verlassen, da Bejaranos Ehemann wegen Wehrdienstverweigerung eine Gefängnisstrafe drohte. 

Im Jahr 2019 kam es zu einem öffentlichen Streit zwischen Arye Shaluz Sharicar und dem inzwischen verstorbenen Publizisten Reiner Bernstein, den Sharicar in seinem Buch "Der neu-deutsche Antisemit" als Israel-Hasser bezeichnet hatte. Auch Bernstein und seine Frau engagier(t)en sich in der BDS-Bewegung. Es kam zu einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin Angela Merkel (Wortlaut in der FR) zugunsten Bernstein und Kritik am Bundesbeauftragten für jüdisches Leben Felix Klein, der die Veröffentlichung des Buches gefördert haben soll. Im Deutschlandfunk Kultur äußern sich zwei Expertinnen für und wider den offenen Brief. 

Im Mai 2022 kommt es in Österreich zu einer Kontroverse um einen beabsichtigten Podcast auf der Plattform Wiener Tagebuch. Hier sollten neben Natascha Strobl und Lukas Oberndorfer die beiden als BDS-Aktivisten bekannten Kerem Schamberger (LMU München) und Nicole Schöndorfer zu unterschiedlichen Themen debattieren. Offener Brief der JÖH. Bericht im Standard. Rechtfertigung von Samuel Stuhlpfarrer/ Tagebuch

Im August 2022 sind Schamberger und Schöndorfer eingeladen zum Farkha-Jugend-Festival in Gaza, zusammen mit dem ARD-KiKa-Moderator Matondo Castlo, der nach der Berichterstattung bei der BILDZeitung (Video) seinen Job beim KiKa verliert. Interview mit Castlo bei der Berliner Zeitung

Von BILD dem Instagram-Account Schamberger entnommen 


Decolonize Palestine erklärt BDS als legitime Bewegung, um Israel zur Einstaatenlösung zu zwingen. 

An den jährlichen Gedenkmärschen zur Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht sind meist auch pro-palästinensische Gruppierungen beteiligt, im Januar 2021 ertönen hier von deutschen Sozialisten Sprechchöre: "Von Lützerath bis Gaza, Yallah Intifada“, „Mali, Donbass, Gaza-Stadt – macht den Westen endlich platt“. Bericht bei JFDA.

Flyer von der BDS-Plattform für Österreich BDS Austria 


Die Jungle World berichtet über die Berliner Hausbesetzer-Szene, die mit der pro-palästinensischen Gruppierung Samidoun kooperiert. Diese wird in Israel als Supporter für Terrorgruppen eingestuft. 

Im Mai 2023 wird der südafrikanische jüdische Künstler Adam Broomberg bei einer Nakba-Demonstration in Berlin verhaftet, dieser vertritt den BDS aufgrund seines Lebens in Südafrika, das er in der Hochzeit der dortigen Apartheid erlebt hatte. Tweet mit Video.  Interview mit Broomberg bei Marx21. Broomberg hatte in 2021 aufgrund seines Engagements für BDS seinen Lehrauftrag an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg verloren. Bericht in Jungle World über die Documenta, Ruangrupa und die Gastprofessoren der Gruppierung. 



Die folgenden Absätze überlappen sich mit islamischem Antisemitismus

Al Quds-Tag 

Der Al Quds-Tag wurde 1979 vom iranischen Revolutionsführer Ayatollah Chomeini zur Rückeroberung ganz Jerusalems ausgerufen. Seit 1988 findet der Tag mit Märschen in mehreren islamischen Ländern statt, in Deutschland finden seit den 90er Jahre Märsche statt. Prominenter Redner in den Jahren 2015, 2016 ist Martin Lejeune, der 2014 aus Gaza berichtet hatte. Blogbeitrag. Im Jahr 2017 wurde im Iran eine "Doomsday-Uhr" eingeweiht, die den Tag der der Vernichtung Israels im Jahr 2040 anvisiert. Bericht in der Jerusalem Post. Video im Independent UK. Seit Juni 2021 ist diese wegen der Stromausfälle im Iran nicht mehr in Betrieb. Bericht bei Times of Israel

Der jährliche Al Quds-Tag in Berlin wird aus allen politischen Richtungen wegen des Antisemitismus abgelehnt, nur wenige Pro-Palästina-Aktivsten schließen sich den Forderungen an. In den Medien finden sich hauptsächlich deutsche christliche Kommentatoren, die den Marsch verurteilen. Belltower, FAZ, Berliner Morgenpost

Nachdem die Hisbollah in 2020 in Deutschland als Organisation verboten wurde, wurde der Al Quds-Tag abgesagt. Man meldete in den Jahren danach wieder an, sagte aber dann jedes Mal (wegen der zu erwartenden Gegendemonstrationen?) kurzfristig vorher ab, so auch in 2023. Bericht beim Tagesspiegel.

Teilnehmer und Initiatoren sehen sich als antizionistisch, nicht als antisemitisch. Es gibt jedoch keine andere Initiative, die einem Volk sein Land versagt und dieses auflösen will. Somit ist jegliche Kritik an Israel, die auf die Vernichtung des Landes hinausläuft, nicht nur antizionistisch sondern auch antisemitisch. 

Der palästinensischen Auffassung nach fiel die "Wahl" der jüdischen Nationalisten auf Palästina, die dort ansässige "indigene Bevölkerung" musste deshalb ausgerottet werden.


Die bpb schildert den Zeitverlauf der Besiedlungen vor der Staatsgründung Israels, beginnend mit dem Sykes-Picot-Abkommen, der Teilung der vorderasiatischen Gebiete zwischen Frankreich und Großbritannien und der Balfour-Erklärung zur Gründung eines jüdischen Staates. Demnach begann die jüdische Besiedlung bereits Ende des 19. Jahrhunderts, lange bevor der Staat Israel gegründet wurde. Antworten auf einige Behauptungen gibt eine Seite der Homepage "Jewish Virtual Library" des US-amerikanischen Politologen Mitchell Bard. Die palästinensische Sicht schildert das Blog Decolonize Palestine zweier in Ramallah lebender Palästestinenser.

Der Begriff "Palästinenser" für die Bewohner von Gaza und dem Westjordanland wurde von der PLO im Jahr 1964 geprägt. Muslime, die israelische Staatsbürger sind, werden arabische Israelis genannt. In Deutschland bekanntester arabischer Israeli ist Ahmad Mansour. 


Ship to Gaza

2010 und 2015 machten sich Friedensaktivisten auf, um das von der Versorgung abgeschnittene Gaza zu unterstützen. Etliche der Aktivisten stammten aus einem islamistischen Umfeld. Israel hatte strenge Regeln für die Belieferung von Gaza erlassen, nachdem die islamistische Hamas 2006 die Wahlen in Gaza gewonnen hatte und die mitregierende Fatah 2007 endgültig vertrieben hatte. Man wollte so Waffenlieferungen auf dem Seeweg verhindern. 

2010 machte sich eine ganze Flottille unterschiedlicher Nationalitäten von Istanbul auf den Weg nach Gaza. An Bord waren hunderte Aktivisten aus der Türkei aber auch aus anderen Ländern, unter anderen auch die beiden MdB der Linken Annette Groth und Inge Höger, der vormalige Linken-MdB Norman Paech sowie die irische Friedensnobelpreisträgerin Maired Corrigan und der Schriftsteller Henning Mankell. Die israelischen Behörden hatten ein Eindringen in die israelischen Gewässer verboten und reagierten mit einem militärischen Angriff auf das größte, mit mehr als 400 Personen besetzte Schiff Mavi Marmara, dabei wurde sieben Aktivsten getötet, darunter drei Personen, die im Vorwege angekündigt hatten, als Märtyrer sterben zu wollen. Hergang und gerichtliche Aufarbeitungen siehe Wikipedia-Artikel.

Laut Wikipedia sollen Funksprüche wie von der Mavi Marmara wie "Geht zurück nach Auschwitz" und "Denkt an den 11. September" von den Aktivisten als israelische Fälschung bezeichnet worden sein. Johannes Baldauf ordnet den Spruch von "Denkt an Auschwitz" ein zum Handeln der deutschen Friedensaktivisten. Boris Kálnoky arbeitete für die WeLT den islamistischen Hintergrund der Aktion auf. 

2015 bestand die Flotte aus drei Schiffen, das führende Schiff Marianne aus Schweden wurde jedoch abgefangen und in den Hafen Aschdod geleitet. Die schwedische Publikation The Local berichtete damals, man habe zunächst den Kontakt zu den Aktivisten verloren, um dann zu erfahren, dass diese von den israelischen Behörden festgesetzt worden seien. Auch die New York Times berichtete und nannte die Namen einiger Teilnehmer, wie den ehemaligen tunesischen Präsidenten Moncef Marzouki oder Ana Miranda Paz, ein spanisches Mitglied des EU-Parlaments. Unter den Journalisten war auch Martin Lejeune

Globaler Marsch auf Jerusalem 2012

Am 30. März 2012 trafen sich tausende Menschen in europäischen Städten und an den Grenzen zu Israel am "Tag des Bodens" (Wikipedia) zum Globalen Marsch auf Jerusalem. Aufgerufen hatten dazu in Deutschland hauptsächlich linke Politiker wie Norman Paech. (Beitrag aus Neues Deutschland im Archiv AG-Friedensforschung) oder die jüdische Aktivistin Evelyn Hecht-Galinski (Interview Muslim Markt, Februar 2022). Der Marsch wurde als Teilhabe am Arabischen Frühling deklariert. Einschätzung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin und Brandenburg e.V. zur Beteiligung des Irans am Marsch. Unterstützer wurden gelistet in einem Blogbeitrag des Antikriegsforums Heidelberg, diese wurde der Presseerklärung (PDF) der deutschsprachigen Organisatoren entnommen. Aus Österreich war der Aktivist und Publizist Wilhelm Langthaler nach Beirut geflogen, berichtete der Standard. Dessen Blog Antiimperialistisches Lager berichtete direkt von der Grenze. Das Blog und Langenthaler waren Thema einer Anfrage an den Bundeskanzler im österreichischen Parlament in 2012 (ohne Antworten) 

Die Welt berichtete damals über einen Toten am Grenzübergang Eretz. 

"From the river to the sea, Palestine will be free"

In Deutschland ist der Slogan "Vom Fluss Jordan bis ans Mittelmeer ..." antisemitisch konnotiert und wird an Pro-Palästina-Demos immer wieder kritisiert. Hier bei Tichy (über archive) oder in einem Bericht von Belltower

In den USA entbrannte darüber im Juni 2021 eine akademische Debatte zwischen Yousef Munayyer, Arab Center Washington DC, BDS-Aktivist und Jarrod Tanny, University of North Carolina, Wilmington. Die pro-palästinensische Plattform DecolonizePalestine legt den Spruch aus als Einstaatenlösung für den Nahen Osten und hält die Siedlungspolitik des israelischen Staates für Völkermord. 

Im Jahr 2013 versah Bushido sein Twitter-Profil mit einer Zeichnung von Palästina in den Farben der Palästinenser-Flagge und löste damit Kritik aus. 

Bericht in der BZ

Ähnliche Darstellungen finden sich auf der Facebook-Seite von Shasha-Post, der mehr als 700.000 User folgen. 

75 Jahre Nakba 

„Nakba“ bedeutet Katastrophe und bezieht sich dabei auf die Flucht und Vertreibung von arabischen Menschen aus dem britischen Mandatsgebiet Palästina bis zum Waffenstillstand von 1949 nach dem Palästinakrieg, den sechs arabische Staaten gegen den am 14. Mai 1948 gegründeten Staat Israel führten. Der Nakba-Tag findet jeweils am 15.Mai eines Jahres statt. Der Tag der Gründung Israels heißt im Hebräischen Jom haAtzma’ut  und wird nach dem jüdischen Kalender in diesem Jahr ebenfalls als 75. Jahrestag am 26. April gefeiert werden. 

"Naksa" - "Rückschlag" werden die Verluste des Krieges von 1967 genannt, der besonders innerhalb der palästinensischen Community in Syrien, die im Laufe der Jahrzehnte integriert wurde, präsenter ist. Viele Bürger, die nach 2011 aus Syrien auch nach Deutschland gekommen waren, empfinden die Vertreibung als neuerliche Nakba. Plattform Dis:Orient, Berlin im Jahr 2017.  

Neutrale Schilderungen zur Nakba gibt es kaum. Selbst die Deutsche Welle hat einen Beitrag von 2018 im Jahr 2021 überarbeitet. 

Plädoyer für das Gedenken in der taz im Juli 2022, nachdem alle Demos mit Bezug auf die Nakba verboten wurden. 

Der Versuch eines israelischen Holocaustforschers und eines palästinensischen Politikwissenschaftlers ein Konzept für den Dialog zu finden anhand der Schoa und der Nakba. Buchrezension auf Qantara

Die unterschiedliche Sicht auf die Geschichte anhand von zwei Broschüren: Deutsch-Israelische Gesellschaft und Flüchtlingskinder im Libanon e.V

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung zum 73. Jahrestag. 

In jeden Jahr kommt es bei Demonstrationen zum Gedenken an die Nakba zu antisemitischen Äußerungen sowie Fahnen verbrennen. 

In 2021 gerieten zwei Jüdinnen und ein Jude in Berlin in eine Demo, hier beschäftigte das Verhalten der Polizei die Medien. Artikel im Tagesspiegel, siehe auch Kolumne von Malte Lehmig unten unter Antisemitismus.  

Benennung Israels als Apartheidstaat

Der Begriff "Apartheidstaat" für Israel fiel zum ersten Mal 1961 wegen eine UN-Sitzung, in der Israel die Apartheid in Südafrika anprangerte. Der damalige Premierminister und "Architekt der Apartheid" betonte, gerade Israel habe kein Recht dazu, "es habe die Araber vertrieben und ihr Land genommen". Dennoch wurde Israel in den 70er und 80er Jahren ein bedeutender Handelspartner für Südafrika, bis dort die Apartheid abgeschafft wurde und der ANC zur regierenden Partei wurde. Der ANC ist mit der PLO verbunden und betreibt bis heute ein staatliches BDS gegen Israel. In 2020 wurde sehr kontrovers über die Meinung eines südafrikanischen Verfassungsrichters debattiert, der ein Ende dieser Politik forderte. Bericht in der WeLT.

Die englischsprachige Wikipedia führt die "Israel und die Apartheid" als eigenen Artikel innerhalb eines Dossiers über Diskriminierungen auf. 

1988 schrieb der kanadische Soziologie-Professor Heribert Adam über die sich ähnelnden Bevölkerungsgruppen Buren und Juden, eine Übersetzung erschien damals im Leviathan, der Berliner Zeitung für Sozialwissenschaften. (1. Seite, danach Paywall bei JSTOR)

Die letzten Debatten füllten die Medien nach der Erklärung von Human Rights Watch (HRW) im Frühjahr 2021 und in 2022 durch Amnesty International. Stellungnahmen zu AI bei SWP und Jüdische Stimme

Yossi Bartal mit einer Erörterung (PDF, ohne Zeitangabe) für die Plattform Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost, die sich in Berlin aus jüdischen Mitbürgern bildete, die einen Frieden zwischen Israel und Palästina anstreben. 

Antizionismus - "Gegen die Zionisten" ist auch religiöser (islamischer) Antisemitismus. Brennende Flaggen auf Demos (2017) und vor der Synagoge in Münster 2021.


Antisemitismus

Attentate

Die furchtbarsten Auswüchse von Antisemitismus waren Pogrome und der Holocaust in der Vergangenheit, die wir glaubten, überwunden zu haben, wenn Politiker Zettel mit "#WeRemember" in die Kamera halten. Nichts davon ist überwunden. Nie haben die Anschläge auf jüdische Einrichtungen, Gedenkstätten und auf jüdisches Leben aufgehört.

Immer wieder gab/ gibt Attentate, die zu Toten, Verletzten und Sachbeschädigungen führen. Wegen möglicher Attentate werden in Deutschland jüdische Einrichtungen besonders geschützt, es können jedoch nicht alle Synagogen gleichermaßen von der Polizei bewacht werden oder manche Gemeinden sind zu arm, einen privaten Wachdienst zu bezahlen. 

Das wohl schlimmste Attentat auf deutschem Boden während der Olympischen Spiele in München jährte sich 2022 zum 50. Mal. Verlautbarung der Bundesregierung

Das mörderischste Attentat der letzten Jahre war der Angriff 2019 auf die Synagoge von Halle, deren Tür die die 52 Menschen innerhalb des Gebäudes schützte, den Täter dann dazu brachte, völlig wahllos zwei andere Menschen zu erschießen. Das von der Künstlerin Lidia Edel gestaltete Mahnmal versinnbildlicht Schutz und Tod. 

Artikel in der Jüdischen Allgemeinen

Ergebnisse des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Landtag Sachsen Anhalt und Aufarbeitung des Attentats bei bpb. 

Eine Liste von Anschlägen und Angriffen seit 1945 findet sich bei Wikipedia, diese endet derzeit im September 2022. Es fehlen die Anschläge auf eine Schule und eine Synagoge im Dezember 2022 in und Januar 2023. Im Dezember 2022 wird ein Deutschiraner beschuldigt (Bericht Tagesschau), während die Tat vom Januar 2023 (Bericht beim BR) in Ermreuth einen rechtsextremistischen Hintergrund hat. Der Täter von Ermreuth wird im Mai 2023 zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Bericht bei T-Online. 

   

Holocaustleugnung 

Die Leugnung des Holocaust ist in etlichen Ländern eine Straftat. In Deutschland wird dafür der §130 StGB - Volksverhetzung angewandt. Wikipedia

Bekannteste Holocaustleugnerin ist Ursula Haverbeck, die nach etlichen Verurteilungen und der Verbüßung einer Haftstrafe in diesem Jahr erneut zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Wikipedia. Blogbeiträge über die Solidaritätsseite und die Gedenkstätte Guthmannshausen.

Auch hier im Blog vertreten sind Nikolai Nerling/ Der Volkslehrer und Reza Begi, der iranischstämmige Taxifahrer. Auch diese beiden wurden wegen Holocaustleugnung verurteilt.



Sonderfall §189 StGB - Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener

Jüdische Grabstätten sind für die Ewigkeit. Jüdische Grabstätten werden immer wieder geschändet. Wikipedia. Jüdische Friedhöfe sind oftmals die einzige Erinnerung an jüdisches Leben wie in Bleckede an der Elbe, Nordostniedersachsen. Homepage. Beschreibung des Friedhofs auf Hypothesis.org mit der Erwähnung der letzten Schändung im Jahr 2016. Da es sich um Jugendliche gehandelt hat, sind Berichte weitgehend aus den Medien verschwunden, man wollte keinen Antisemitismus erkannt haben sondern kindlichen Übermut. Bericht der Antifa Lüneburg

Im Jahr 2019 kurz nach dem Attentat auf die Synagoge in Halle wurden in Chemnitz die 42 Kindergräber auf dem jüdischen Friedhof grundsaniert. Bericht des Vereins Sächsische Israelfreunde. Im Juli 2021 wurde vier Grabsteine beschädigt und umgeworfen. Jüdische Allgemeine. Im Februar 2022 berichtet Tag24, dass der Zaun um den Friedhof erneuert und erhöht werden soll. Von den geschändeten Gräbern wird auch berichtet, nicht jedoch über Ergebnisse des Staatsschutzes zur Ergreifung der Täter. 

Im März 2023 werden am Ehrenfriedhof Gardelegen mehrere Kreuze und Davidsterne auf den Gräbern heraus gerissen und beschädigt. Davor waren in 2023 bereits Hinweistafeln gestohlen worden. Beitrag auf der Homepage der Gedenkstätte

Auch die Schändung von Stolpersteinen könnte unter den §189 StGB fallen, sie werden oft für die Verstorbenen verlegt, für die kein Grab existiert. Immer wieder wird von gestohlenen, zerstörten, befleckten oder überklebten Stolpersteinen berichtet. In 2016 zeichnet sich die rechte Aktivistin Melanie Dittmer (Facebook Seite "Halal Challenge") verantwortlich, sie wurde anhand eines Tattoos identifiziert. 

Tweet und zeitlicher Ablauf auf Facebook


Tweet

Tweet, Zusammenstellung verschiedene Orte


Auch ehemalige KZ-Gedenkstätten werden immer wieder beschmiert oder zerstört. So wurde im Jahr 2010 in Auschwitz der Schriftzug "Arbeit macht frei" vom Tor gestohlen, 2016 in Dachau das ganze Tor. In beiden Fällen wurde das Diebesgut wiedergefunden, im Falle von Auschwitz mehrere Personen verurteilt. Buchenwald ist besonders im Jahr 2022 betroffen, es wurden Schmierereien gefunden und junge Gedenkbäume wurden abgesägt. Berichte hier und hier. Die Gedenkstätte Außenlager Schillstraße in Braunschweig wurde mehrmals beschmiert, im März 2023 wurde eine Gipsfigur, dekoriert mit antisemitischen Sprüchen dort abgelegt. Braunschweiger Zeitung über archive

Für große Proteste in den jüdischen Gemeinden, insbesondere in Berlin sorgte die  Aktion "Sucht nach uns" des Zentrums für Politische Schönheit (ZPS) im Dezember 2019. Man stellte in Sichtweite des Reichstagsgebäudes eine Stele auf, in der Asche von ermordeten und verbrannten Juden zur Schau gestellt wurde. Bericht bei DLF Kultur

Aussage Albert Mayer, ehemaliger Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Berlin

Wegen der Störung der Totenruhe trotz der Verhüllung der sichtbaren Asche griffen einige jüdische Mitbürger als Gruppe "AKKVorschlaghammer" zum Werkzeug, um das "Mahnmal" abzubauen. Video auf Twitter Democ. Die ZPS sammelte Stimmen und Gegenstimmen auf ihrer Homepage.

Die Verschwörungsmythen 

Die Juden als "Brunnenvergifter", Ritualmörder oder Auslöser der Pest führten im Mittelalter zu Pogromen und Vernichtung jüdischen Lebens. Im Historischen Lexikon Bayerns kann man die Judenverfolgung des Mittelalters nachlesen. Besonders bekannt ist die Deggendorfer Gnad, die bis 1992 als sogenannte Hostien-Wallfahrt statt fand. Die Wallfahrt beruhte auf der mittelalterlichen Geschichte der von Juden zerstörten Hostien, die im Brunnen versenkt, etliche Menschen vergiftet haben sollten. Im Jahr 1338 wurde deshalb eine unbekannte Anzahl von Juden getötet. Wikipedia. Die Verschwörungserzählung um vergiftete Brunnen wurde im Jahr 2016 von Palästinensern im Westjordanland erzählt, als während des Ramadan ein Rohrbruch zu Wasserknappheit führte. Plattform Israelnetz

Die Juden als "Globalisten" und "Finanzeliten" ist hauptsächlich die Geschichte der Familie Rothschild, die einstmals in der Frankfurter Judengasse mit dem Kaufmann Mayer Amschel Rothschild begann und noch heute Grundlage jeder guten Verschwörungstheorie bildet. Bekannte Opfer sind George Soros, Bill Gates und Klaus Schwab, Soros und Schwab sind Juden, Gates wird vorgeworfen, heimlich ein Jude zu sein. "Bill Gates will uns alle impfen und die Weltbevölkerung reduzieren" und Klaus Schwab mit seinem "Great Reset" und dem WEF erregen die Gemüter. 

Die Chiffre "Globalisten" benutzte auch Hans Georg Maaßen mehrmals, siehe Blogeintrag ab Mai 2021, woraufhin in Deutschland eine Debatte über Antisemitismus entstand. 


Das Finanzjudentum und seine Entstehung beschreibt der Film "Fabian der Goldschmied" in antisemitischen Chiffren. Blogbeitrag

Die Gerüchte um George Soros wurden in einer teuren Kampagne zugunsten Viktor Orbans gestreut, der damit zunächst in 2010 seine Wiederwahl gewann und sein Regime ausweiten konnte. Diese Kampagne wurde vom Politikberater Arthur Finkelstein entwickelt. Orban verbot Nichtregierungsorganisationen (NRO, englisch NGOs) die Arbeit in Ungarn fortzuführen, ebenso schloss er eine Universität, die von Soros finanziert wurde. Orban erklärte Soros und seine Open Society Foundation zum Staatsfeind und "Großmeister der Brüsseler Demokraten". Andere Politiker wie Erdogan oder Trump übernahmen die Sichtweisen von Orban. Grundlage ist die Angst vor dem "Großen Austausch", der Verschwörungserzählung, der sich Rechtsextreme wie die Identitären bedienen, um gegen jegliche Migration zu kämpfen. Bericht bei der deutschen Welle. Artikel in der FAZ, Buchbesprechung. Plattform Reformiert (Träger Landeskirchen in der Schweiz) mit "Der ewige Jude im modernen Gewand"


Orban, Rede 2018, mit antisemitischen Chiffren

Im Januar 2023 behauptet Yair Netanjahu, der Sohn des derzeitigen israelischen Ministerpräsidenten, Kritik an Soros wäre nicht antisemitisch, dass Soros der konservativen israelischen Gemeinschaft Schaden zugefügt hätte, da er linke Projekte fördere. Ungarn Heute


Das "antisemitische Geraune" über "Eliten" wird von vielen Protagonisten genutzt, etwa von Hans Georg Maaßen (Blogbeitrag) in seinen Videos oder Xavier Naidoo (Blogbeitrag) in der Musik. 

Aus 2018 ist ein Song von Lisa Fitz, der im Satire-Format von Florian Schröder als "Meinungsfreiheit" angepriesen, später aber von der ARD depubliziert wurde. Laut der Jüdischen Allgemeinen wurde dieser auf Schrang TV (Blogbeitrag) veröffentlicht. Dort ist er heute nicht mehr zu finden, jedoch noch auf einem sehr kleinen Kanal mit geklauten Videos. 

Im Jahr 2018 stürzt der britische Parteivorsitzende der Labourpartei Jeremy Corbyn über den eigenen Antisemitismus und den seiner Partei. 2012 hatte Corbyn die Übermalung eines antisemitisch konnotierten Street Art-Bildes auf Facebook kritisiert. Bericht im Spiegel





Auch weniger bekannte Aktivisten wie Hartmut Issmer (Blogbeitrag) bedienen sich antisemitischer Chiffren. 

Auszug aus dem Transkript seiner Rede vom Nov.2022

Viele der Verschwörungsmythen haben sich während Corona verstärkt und weiter verbreitet. Vieles was auf Plakaten zu lesen war wie "Impfen macht frei" oder Spritzenholocaust" ist antisemitisch. Bayerische Staatszeitung. Verschwörungstheorien gestern und heute mit der Hinleitung zum Attentat von Halle im Jahr 2019. Artikel bei der bpb

Der Autor Tomasz Konicz setzt im März 2021 die Kontroverse um Lisa Eckharts antisemitische Äußerungen in einen Kontext zum einen mit den Filmen des Nationalsozialismus, zum anderen sieht er den "Finanzjuden" um die sexuelle Komponente erweitert. Telepolis

Abschnitt: "Wo beginnt Antisemitismus"

Lisa Eckhart wird auch immer wieder in Jüdischen Allgemeinen kontrovers besprochen. So bezeichnet der Autor Gerhard Haase-Hindenburg Eckart als "rätselhafte Femme fatale", deren Manko bei jüdischen Witzen lediglich darin bestehe, selbst keine Jüdin zu sein. Anders urteilen der Publizist und Leiter des Feuilletons der JA Philipp Peymann Engel (hier) und Tom Uhlig, Autor und Mitarbeiter der Bildungsstätte Anne Frank (hier).

Die Causa "Emcke auf dem Grünen-Parteitag" war hingegen nicht antisemitisch konnotiert, obwohl die Springer-Presse dies auf Twitter als Shitstorm inszeniert hatte. Es handelte sich in der Rede um eine Aufzählung, in der auch "die Juden" vorkam. 

Transkript des Videoschnipsels

Rede in der WeLT, öffentliche Kontroverse beim Münchner Merkur aufgezeichnet. Offener Brief jüdischer Mitbürger zur Verteidigung von Carolin Emcke. 

Manche Verschwörungsmythen sind nicht sofort erkennbar, wenn man sich noch nicht damit beschäftigt hat. Kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine taucht ein Bericht über ein angebliches Schreiben an die Britische Regierung von Nathaniel Rothschild auf, das Putin als gefährlicher als Hitler benennt und man dürfe die Ukraine nicht verlieren.

Tweet

Die Faktenchecker von Reuters ermittelten bereits im März (auch per Rückfrage an die Vertreter der Familie Rothschild), dass es diesen Brief nie gegeben hat, das Sharepic fand seinen Weg über 4chan und 8chan zu Twitter.

In einem Video beschreibt der "König von Deutschland" Peter Fitzek (Wikipedia) die orthodoxe jüdische Chabad-Bewegung (Wikipedia) als "Lenker von Politikern", er fügt dazu für Putin und Selensky Fotos mit den bärtigen Männern der Gemeinschaft ein und behauptet, diese und andere Politiker würden von der Chabad ausgebildet sein, die Welt zu lenken. Video auf dem eigenen Peertube-Server/ Kanal von KRD (Königreich Deutschland)


Artikel mit Fotos von: 
Putin bei einer Ausstellungseröffnung 2013
Putin und jüdischen Russen, die sich für den Kampf gegen Antisemitismus bedanken im Jahr 2014
Selensky trifft als Präsident einige Rabbis aus ukrainischen jüdischen Gemeinden kurz nach seiner Wahl im Jahr 2019. 

Im November 2022 berichtet die Jüdische Allgemeine, dass Putins "Kampf gegen den Antisemitismus in der Ukraine" sich auch gegen die Chabad Lubawitsch-Gruppierung dort richtet. 

In einem obskuren Blog (Der Autor ist strahlengefoltert von NWO-Waffen) wird auch Trump mit dem jüdischen Schwiegersohn Jared Kushner zum Chabad-Jünger erklärt. Über archive

Im Februar 2023 feiert die AfD ihr zehnjähriges Bestehen in Königstein im Taunus, als Redner ist neben Alice Weidel und Tina Chrupalla auch der MdB Martin Renner als letztes der Gründungsmitglieder geladen. Laut FAZ spricht er vom Leviathan und Kulturmarxismus. Bei Belltower findet sich dazu die entsprechende Einordnung zum Begriff "Kulturmarxismus", der Begriff "Leviathan" wird heute verbunden mit dem Rechtsgelehrten Carl Schmitt, dessen Antisemitismus viele Jahrzehnte verdrängt wurde. PDF, Auszug aus "Vierteljahreshefte zum Zeitgeschehen" von 2013. 

Im Februar 2023 erscheint das Spiel zum Harry Potter-Universum "Hogwarts Legacy", das eine Debatte um den versteckten Antisemitismus auslösen. Der Zwergenbösewicht Ranrok sieht einer jüdischen Karikatur ähnlich, er will ein Kind entführen und die Spieler müssen ein Artefakt suchen, das einem Schofar, dem jüdischen Instrument aus einem Widerhorn ähnlich sieht. Bericht bei der Hessenschau. 

Screenshot Spielevideo

Im Mai 2023 postet Elon Musk "Soros reminds me of Magneto". Aus einer der Antworten entwickelt sich eine medial begleitete Debatte über Musks gezeigten Antisemitismus. Bericht bei nau.ch. Einschätzung des Antisemitismus von Annika Brockschmidt mit Verweisen auf Henry Ford. Dazu in aus 2020: Die Jüdische Allgemeine - Magneto, mein Antiheld von Frederik Musall. 


Islamischer Antisemitismus

Muslime kämpfen gegen Zionisten, gegen die Unterdrückung der Palästinenser, gegen die israelischen Siedler. In Deutschland stellt sich dieser Kampf oft dar mit dem Verbrennen von israelischen Flaggen vor deutschen Synagogen deutscher Bürger. Bericht DW aus Mai 2021 Bereits in 2020 hatte die die Bundesregierung beschlossen, das Verbrennen aller Flaggen als Straftat zu ahnden. Plattform Elnet (European Leadership Network). 

Demonstrant in Berlin 2016 mit 88, Reichsadler
und dem Hinweis auf den 11. September

"Das tapfere palästinensische Volk, voll der Ehren,
da sie noch die einzigen sind auf dieser Erden,
die sich gegen den Zionisten wehren

Im April 2023 ziehen nach den erneuten Vorfällen am Tempelberg in Jerusalem und in der Al-Aqsa-Moschee etwa 300 Muslime durch Neukölln, angemeldet war die Demonstration wie so oft von der Organisation Samidoun. Democ berichtet auf Twitter

Die Demonstrationen des Al Quds-Tags zum Ende des Ramadan (siehe oben) werden dagegen zum dritten Mal in Folge abgesagt. Bericht im Tagesspiegel.

Davidstern und Judenstern

Der Davidstern, auch Magen (Schild) Davids genannt, ist das von den Juden und Israelis gewählte Symbol ihrer Zusammengehörigkeit. 

Das Symbol besteht aus zwei blauen, ineinander verwobenen gleichseitigen Dreiecken, einem nach oben weisenden und einem nach unten weisenden, deren Mittelpunkte identisch sind. Dadurch entsteht in der Mitte der Darstellung ein regelmäßiges Sechseck, an dessen Seiten sich sechs kleine gleichseitige Dreiecke anschließen, deren Seitenlänge (und damit auch die des Sechsecks) jeweils ein Drittel der Seitenlänge der beiden Grunddreiecke beträgt.

Der Judenstern ist ein Fetzen Stoff in Form eines sechszackigen Sterns, der den Juden per Gesetz aufgezwungen wurde, weil sie Juden waren. Man konnte dem Judenstern nur durch Flucht oder Tod entkommen. 

Aus dem Jüdischen Museum in Berlin


Schon ziemlich zu Beginn der Corona-Demonstrationen tauchten zunächst selbst gemalte Judensterne auf, danach auf T-Shirts oder Masken gedruckte. 





Sven Liebich lässt sich sogar ein Tattoo stechen. Blogbeitrag mit diversen weiteren Beispielen.

Die Anspielung auf den Lampenschirm ist eines der tiefschwarzen Kapitel der dunkelsten deutschen Geschichte. 

Liebich immer am Puls seiner Kunden. 

Teaserbild bei Belltower.
Warum die Judensterne antisemitisch sind

Ab Mitte 2021 wird das Tragen des Sterns teilweise bei Corona-Demos verboten. Ronen Steinke in der SZ.


Ein Judenstern ist kein Davidstern. 


Auch AfD-Sympathisanten nutzten schon den Judenstern. 


Account ist gesperrt


"Der gelbe Lappen in Herzhöhe" - Viktor Klemperer im Jahr 1941, Bericht über den Judenstern in der WeLT. Artikel über die Firma Geitel in Berlin, die den Auftrag zur Produktion der Judensterne bekam. 

Antisemitismus in der Karikatur

Einen Überblick über antisemitisch konnotierte Karikaturen im Laufe der Zeit bietet das PDF der Plattform "Politik-lernen.at"

In den Jahren 2006 und 2016 rief der iranische Staat einen "Iran Holocaust Cartoon Contest" (Wikipedia) aus, an dem sich internationale Künstler wie Carlos Latuff (Wikipedia) aus Brasilien beteiligte. 


Beispiele finden sich auch in einer Broschüre von 2021 der AAS. 




Zwei der medial bekanntesten Fälle sind zum einen die Causa Dieter Hanitzsch und der Songcontest-Gewinner Israel im Jahr 2018. Tagesspiegel mit unterschiedlichen Stimmen zur Entlassung.  "Nächstes Jahr in Jerusalem" = der Gruß "L'Shana Haba'ah B'Yerushalayim" (לשנה הבאה בירושלים) am Schluss des jüdischen Sederabends und des Versöhnungstages.


Zum anderen war die SZ schon vier Jahre zuvor mit einer antisemitisch konnotierten Karikatur des Zeichners Burkhard Mohr  kritisiert worden, was dieser zurück wies, "er hab nicht gewusst, dass Zuckerberg Jude sei." Jüdische Allgemeine


Insbesondere die Kraken-Symbolik wird immer wieder genutzt, sei es im "Stürmer" aus der NS-Zeit oder als Agitation in der ländlichen Lüneburger Heide gegen ein Sportverein. Blog des LSK Lüneburg

Neu in 2023 ist eine Karikatur, die sich auf die Bitten des jüdischen Präsidenten Selenskyi um Waffen und Aufbaugelder im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beziehen. Gepostet wird die Karikatur z.B. von der anonyme Facebook-Seite "Kirche des kranken Humors" (eingerichtet März 2020) mit mehr als 5.000 Followern. Ebenso findet sich am gleichen Tag ein Tweet mit "Netzfund" und kyrillischer Beschriftung.

Facebook-Post

Das o.g. Sharepic ist eine Umarbeitung einer Karikatur der größten russischen Online-Zeitung Lenta.ru. Der Zeichner A. Zudink (?) findet sich auf einer russischen Cartoon-Homepage mit internationalen Karikaturisten. Original hier. Getwittert hier

Karikatur ohne Urheber in einem faschistischen Account als Begrüßung nach einer Sperre. 

Tweet, Account gesperrt

Im April 2023 entschuldigen sich der britische Guardian und sein Karikaturist Martin Rowson für die zeichnerische Umsetzung des Rücktritts des BBC-Vorsitzenden Richard Sharp nach Korruptionsvorwürfen. Bericht in der FAZ. Entschuldigung von Rowson auf der Plattform Bleedingcool. 




Organisationen, Aktionen gegen Antisemitismus sowie Publikationen

Die bekannteste und älteste Nicht-Regierungsorganisation (NRO) ist das im Jahr 1977 gegründete Simon-Wiesenthal-Center mit dem Sitz in Los Angeles. Seit 2010 wird jährlich eine Liste von Personen und Geschehnissen veröffentlicht, die für das SWC den schlimmsten Antisemitismus zeigen. Liste bis 2019 bei Wikipedia. In den letzten Jahren Gab es immer wieder Kritik an dieser Liste, insbesondere als man im SWC einen eigentlich privaten Streit zwischen dem Journalisten Benjamin Weinthal und dem Antisemitismusbeauftragten des Landes Baden-Württemberg Michael Blume, diesen auf die Liste setzten. Daraufhin forderte die AfD die Absetzung Blumes. NZZ vom Dezember 2021. Viele Bürger jedoch reagierten entsetzt, im Spiegel erschien Anfang Januar 2023 ein Artikel des Chefs vom Dienst der Jüdischen Allgemeinen Philipp Peymann Engel "Warum ich diese Liste nicht mehr ernst nehme" Die Liste von 2020 findet sich teilweise in einem Artikel der WeLT.

Im Januar 2017 initiiert der Deutsch-Israeli Shahak Shapira die Internetseite "Yolocaust" mit Fotos aus den sozialen Netzwerken, die das Verhalten junger Menschen am Mahnmal für die ermordeten Juden in Berlin zeigt. Immer wieder werden die Stelen als Sprungbretter, Picknicktische oder für lustige Selfies missbraucht. Bericht bei der Deutschen Welle. Die Fotos wurden auf der Homepage von Yolocaust gelöscht, sind aber in vielen Berichten erhalten. Interview mit Shahak Shapira beim Goethe-Institut


Im Mai 2019 stimmte der Bundestag ab über drei verschiedene Vorlagen zur Ächtung der BDS-Bewegung, AfD- und Linken-Antrag werden abgelehnt, der Antrag der CDU/SPD-Groko wird angenommen. Archiv des Bundestages. Der Beschluss wird in einem offenen Brief von israelischen und jüdischen Wissenschaftlern kritisiert. Bericht in der taz.


Im März 2021 zeichnen (inzwischen) 350 Wissenschaftler für Holocaust-Geschichte, Jüdische und Nahost-Studien die sogenannte Jerusalemer Erklärung mit 15 Punkten zur Benennung von Antisemitismus, da ihnen die IHRA-Definition zu unscharf erscheint. Homepage auf Englisch, die 15 Punkte als PDF mit Präambel auf Deutsch. Kritik des Antisemitismus-Experten Matthias Küntzel an der Bezeichnung der letzten Punkte mit "nicht per se antisemitisch". 


Pädagogische Handreichung zum Umgang mit antisemitischen Äußerungen der Amadeu Antonio-Stiftung. PDF Aufbereitet auf der Homepage "Nichts gegen Juden"


Fragen zu Antisemitismus, Antizionismus, Islamismus und islamistischen Terrorismus, Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. PDF


"From the River to the Sea" - Israelbezogener Antisemitismus in Bayern 2021, R.I.A.S. Bayern. PDF.


Im Juni 2022 fand im Haus der Kulturen der Welt (HWK) in Berlin eine Konferenz "Highjacking Memories - Der Holocaust und die Neue Rechte" statt. Alle Vorträge als Video auf der Homepage es beteiligten Einsteinforums. Interview mit Stefanie Schüler-Springorum, Leiterin des Zentrums für Antisemitismusforschung in Berlin. Bei DLF Kultur als Telefon-Interview und als Artikel


In Erinnerung blieb davon lediglich der über öffentliche Medien ausgetragene Streit zum Vortrag des palästinensischen Autors und Aktivisten Aktivist Tareq Baconi vom „Palestine Policy Network“. Die WeLT spottete darüber, dass man gegen Rechte sei, aber linken Antisemitismus nicht benannt habe. 

Artikel über archive

Der ehemalige Knesset-Sprecher Avraham Burg als Teilnehmer der Tagung stellte sich gegen  gegen den Zentralrat der Juden. Artikel in der Berliner Zeitung. Die polnischen Intellektuellen Jan Grabowski und Konstanty Gebert waren ebenso Teilnehmer und gaben der WeLT ein Interview zu Baconis Vortrag.


Studie von Dr. Samuel Salzborn (PDF) über Antisemitismus im Sport und im Fußball. Dazu eine Handlungsempfehlung der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten.


Seit Ende Februar 2023 fährt eine Straßenbahn der Dortmunder Stadtwerke mit den Namen aller 1.973 verschleppten und ermordeten Juden und Jüdinnen aus Dortmund Westfalen durch die Stadt. Die Stadtwerke arbeiten hier ihre Beteiligung am Holocaust auf. Blogbeitrag auf der Plattform von DSW21.



Im April 2023 erscheint eine Studie (pdf, 85 Seiten) über Antisemitismus in der österreichischen Gesellschaft im Jahr 2022, durchgeführt vom Institut für empirische Sozialforschung für das Österreichische Parlament. Verglichen werden Umfragewerte mit dem gleichen Fragen in den Jahren 2020 und 2018. Die Studie gliedert weitere, unterschiedliche Arten von Antisemitismus auf. 

Im Mai 2023 veröffentlicht die Otto-Brenner-Stiftung (OBS) ein Dossier zu Antisemitismus mit besonderem Blick auf die Überlebenden des Attentats an der Synagoge in Halle. 


Der "kleine Alltagsantisemitismus"

Es sind die kleinen Boshaftigkeiten, die weh tun, auch wenn man "es ja nicht so gemeint hat".
Es sind antisemitische Äußerungen, die als solche nicht erkannt und relativiert werden. Unter anderem auch von der Justiz. 

"Jüdische Perspektiven auf Antisemitismus in Deutschland - Ein Studienbericht für den Expertenrat Antisemitismus", Studie mit Befragungen der Uni Bielefeld von 2017, ab Seite 47 des PDF (Dokumentenseite 41) sowie Bericht über antisemitische Vorfälle in Berlin im Jahr 2017 der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS)

Statistiken ab Seite 17

Nicht jede antisemitische Äußerung kommt von Antisemiten. Alan Posener 2017 über Antisemitismus ohne Antisemiten


Lose Sammlung von typischen Beispielen: 

Nicht alle Beispiele sind erkennbarer Antisemitismus, mancher würde es empört leugnen.

Ein Land verliert 2018 seinen größten Musikpreis. Schon im Vorwege wurde die öffentliche Vergabe des Preises an Farid Bang und Kollegah in der Kategorie "Erfolgreichstes Deutschrap-Album" kritisiert. Insbesondere jeweils eine Textzeile aus "0815" und "Gamechanger" sind antisemitisch konnotiert. Wikipedia


Nicht immer auf Anhieb zu erkennen: In eine rote Flagge mit weißem Kreis würde ein Hakenkreuz gehören. 

Tweet

Streit um die Tagung "Wokes Deutschland" der R21-Denkfabrik und die Äußerungen von Kristina Schröder und Dieter Nuhr als antisemitisch konnotiertes Geraune um "Eliten". Blogbeitrag


Fast schon "Tradition" - Das Zerstören von öffentlichen Chanukka-Leuchtern. Twitter-Account Lichtenberger Register für 2022, Tagesspiegel in 2021, beide für Berlin. Für Freiburg.




Martin Semlitsch ... Verzeihung ... Martin Lichtmesz schreibt für die Sezession einen Blogbeitrag (über archive), in dem Linke, Araber und Juden abgewatscht werden. Die Kommentare enthalten etliche antisemitische Formulierungen. 



Ein Xavier Naidoo-Fan zum Lied "Marionetten". Naidoo gewann Ende 2019 den Prozess gegen die AAS um die Aussage, sein Lied würde strukturellen Antisemitismus enthalten. Bericht in der taz

Rechtfertigung einer misslungenen Kolumne im Tagesspiegel um das Tragen eines Davidsterns. 

Gelöschter Tweet. Das bekannte Gesicht habe ich unkenntlich gemacht. Ein Facebook-Post mit einem Sharepic zog im Jahr 2017 weitere Kreise. Beobachternews / auch über archive




Verworrene Geschichte in Heikendorf. Ein Vermieter will seiner Mieterin den Davidstern als Dekoelement an der Wohnungstür verbieten, es könnte sich muslimische Männer vor dem Haus zusammenrotten. Neues Deutschland


Antisemitischer Angriff auf ein Geschäft in Leipzig, Schmierereien mit Judenstern und Q(Anon). Bericht in der LZ.


Die WeLT nannte es den "Kampf der Bilder". Der Tweet wurde trotz entsprechender Kommentare nicht gelöscht. Videos von der anderen Seite und von oben in einem anderen Tweet

Tweet

Juli 2021: Der Skandal bei der Deutschen Welle, der etliche Entlassungen der arabischsprachigen Redaktion bedingte. Artikel bei DW mit Offline-PDF des Untersuchungsberichtes. Weiterer Bericht mit zusammengefassten Ergebnissen, Artikel beim Tagesspiegel


Die Plattform The Republic (Blogbeitrag) zeigt beim ersten Auftritt kurz eine Aktion "Dreht den Krawallmachern den Geldhahn zu" mit dem Bild von Anetta Kahane. 





Dieser User wurde im Dezember 2022 für den "humorvollen" Tweet gesperrt. Es gab Streit darüber, ob es Antisemitismus ist, wenn man es witzig meint. Elon Musk will einen CEO für Twitter einstellen, er wurde zusammen mit Jared Kushner, Schwiegersohn beim WM-Endspiel in Qatar gesehen. (Nickname entfernt, er ist ja sonst einer von "Guten")



"Sie trainieren bis zum Vergasen" Dennis Aogo in einem Kommentar bei Sky. Bericht im Focus


"Gas geben" Wahlslogan der NPD, trotz Protesten schon in 2011 wurde das Plakat 2019 noch einmal aus der Mottenkiste geholt. 



Merkwürdiger Aussetzer der Google-KI. Artikel in der Jüdischen Allgemeinen


In der WeLT (auch über archive) wird der Streit um das Gebäude einer Synagoge zwischen einem rechten Szeneanwalt, der Stadt Detmold und der Jüdische Gemeinde Detmold geschildert. Im Artikel wird die vom Anwalt hierzu errichtete Homepage angesprochen. Hier wird die Geschichte der jüdischen Gemeinde im 17. Jahrhundert dokumentiert sowie sämtliche Artikel verlinkt, in denen sich der Anwalt von Journalisten und Beteiligten geschmäht fühlt. Der Streit ist eigentlich irrelevant, interessant sind die Zeichnungen auf der Homepage, die inzwischen teilweise korrigiert wurden, aber im Internet noch zu finden sind. 

Als Fürsprecher fungiert hier ausgerechnet Luther der Judenhasser

Zeichner Götz Wiedenroth (Blogbeitrag)

Der rechte Teil der Zeichnung mit Volker Beck im pinkfarbenen Kleid und rieselndem "Schnee" aus der Handtasche wurde oben entfernt, beim Anklicken erscheint der zweite Teil und ganz unten auf der Seite findet sich die Zeichnung noch einmal vollständig. 


Der Chefredakteur der WeLT Ulf Poschardt zur Wahl der Floskel der Jahres "Freiheit" mit der antisemitischen Verschwörungsformel von den "linken Eliten": 


Malcolm Ohanwe, Moderator bei der ARD und Journalist mit palästinensisch-nigerianischen Wurzeln nach der neuerlichen Regierungsbildung in Israel. Der angebliche Hitler-Fan ist der neue Minister für Nationale Sicherheit Itamar Ben-Gvi. Kontroverse über dessen Besuch auf dem Tempelberg bei der Tagesschau

Instagram-Story, die nach
24 Stunden wieder verschwindet


Interview bei Zeit online mit zwei Mitgliedern von Ruangroupa, die Kuratoren der Documenta 15 in Kassel waren und derzeit als Professoren in Hamburg tätig sind. Und ein Kommentar in der FAZ. Den Kuratoren war schon weit vor der Eröffnung vorgeworfen worden, keine israelischen Künstler eingeladen zu haben.


Im Januar 2023 postet Hans Georg Maaßen (Blogbeitrag) einen Tweet, der wieder einmal antisemitische Chiffren enthält. Die Jüdische Allgemeine klärt die Zusammenhänge mit der Shoa. Bei den verborgenen Kommentaren finden sich Hinweise auf den Kalergi-Plan (Erklärung bei JFDA), die Tweets passen auch zu den Verschwörungsmythen.



27. Januar 2023, Holocaustgedenktag, Übertragung der Gedenkfeier aus dem Bundestag: Einer der führenden Querdenker postet auf Twitter: "Wird es auch eine Trauerfeier für die Toten der COVID Impfung geben?". Ein paar Stunden und etliche empörte Kommentare später leugnet er einen Zusammenhang mit dem Datum. 

Unbekannter Twitterer

Claudia Roth wird immer wieder Antisemitismus vorgeworfen, zunächst in der Ablehnung der BDS-Resolution des Bundestages in 2019 (siehe oben), dann in ihrer Haltung zur Dokumenta 15, bei der sie nicht früh genug Position bezogen hatte. Nachbetrachtungen im Spiegel und in bei der Zeit. Erneut angegriffen wird Roth von der BILDZeitung (über archive) mittels eines Briefes von Volker Beck, der die Teilnahme des Islamischen Zentrum Hamburg an der vom Kulturstaatsministerium geförderten Leipziger Buchmesse kritisiert. 


Februar 2023, Ein VHS-Plakat in Weimar wird "verändert". 

Die Münchner Polizei versucht einen Polizisten aus dem Dienst zu entfernen, der als Personenschützer Charlotte Knobloch (Wikipedia) im Alltag begleitete und zwischendurch in Chats "Dampf ablassen musste" (O-Ton Anwalt), die mit HH, SH garniert und teilweise antisemitisch sich auch gegen die zu schützende Person richteten. Bericht bei n-tv. Der Polizist wird um zwei Gehaltsstufen zurück gestuft. Jungle World mit weiteren Beispielen

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig stellt Ermittlungen und Verfolgung von Martin Kiese, Die Rechte ein, es wären gegenüber Pressevertretern lediglich eine Beleidigung keine Volkverhetzung, diesen "Judenpresse, Judenpack, Feuer und Benzin für euch" zuzurufen. Bericht in der SZ

Die Chatgruppe der Frankfurter Polizei wird nicht belangt, weil rassistische und antisemitische Bilder und Texte sowohl von der Kunstfreiheit gedeckt als auch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen wären. Bericht in der Hessenschau

Kolumnist Jan Fleischhauer  schreibt in "Melden, beschuldigen, einschüchtern, Rot-Grün ist die Macht zu Kopf gestiegen" gegen Felix Klein, der gegen Hans Georg Maaßen vorgehen will, aber eine Berliner Kulturmesse mit einem Ex-Al-Qaida-Mitglied (Wikipedia über Mohamedou Ould Slahi, hier besonders die Links 45/46) unbeachtet lässt. Zudem würden Bürger aufgefordert, andere Bürger bei der AAS und der neuen Meldestelle "Feminismus" zu denunzieren. Radiobeitrag über die Meldestelle der  AAS. Im gleichen Artikel nimmt Fleischhauer den Holocaustleugner Horst Mahler in Schutz, der trotz seiner schweren Erkrankung seine Strafe bis zum Ende absitzen musste. Im März 2023 berichtet die taz, dass Mahler erneut vor Gericht steht, weil er zur Vernichtung des Judentums aufgerufen hat. 

März 2023, User aus Twitter zu einer erneuten Lisa Eckhart-Debatte. 

Tweet

März 2023, in Braunschweig wird ein Mitglied der Partei Die Rechte wegen einer antisemitischen Aktion vor der Synagoge zu einer Geldstrafe verurteilt. Bericht in der taz

Mitte April 2023 postet die Producerin (nur mit Vornamen "Maria" unterwegs) einer rechten News-Seite aus Großbritannien ein Foto, von den Schienen vor dem Tor von Auschwitz, auf dem sich junge Menschen gegenseitig fotografieren. Im Laufe des Threads erklärt Maria, dass dieses Foto trotz Bitten um Respekt und nach der Führung durch die Anlage entstand. (Siehe auch oben "Yolocaust")

Im deutschsprachigen Twitter entzündet sich eine Debatte um die Relativierung einer Userin. Sie löscht diesen Kommentar, die Diskussion bleibt. 




Auch Mitte April 2023 erscheint bei der SVZ ein Artikel (Paywall) über die promovierte Historikerin und Landtagsabgeordnete der AfD in Mecklenburg Vorpommern Eva Maria Schneider-Gärtner, die auf ihrem Telegram-Kanal judenfeindliche Hetze postete, das Innenministerium in Schwerin hat das LKA eingeschaltet. In einem Bericht bei RTL erklärt Schneider-Gärtner, einer der antisemitischen Posts sei lediglich eine Weiterleitung von einem anderen User gewesen, es wäre nicht ihr Inhalt. Die AfD versucht sich zu distanzieren. 

Medienanwalt Ralf Höcker nennt die Begründung zur Absage des Konzerts von Roger Waters haltlose Vorwürfe  "Symbolpolitik". Der Tweet ist problematisch, da gerade in der Frankfurter Festhalle der dort internierten und später deportierten Juden gedacht wird. Homepage der Halle. Jüdische Allgemeine. Bericht über die November-Pogrome 1938 in Frankfurt

Ende April 2023 liefert sich der Bürgermeister von Tübingen Boris Palmer  einen kurzen Schlagabtausch mit Protestierenden vor der Goethe-Universität in Frankfurt über das "N-Wort", das er deutlich ausspricht, er würde dieses Wort sagen, wenn es der Kontext erfordere. Die darauf folgenden Rufe kontert er mit "Das ist, wie einen Judenstern anheften". Bericht in der Jüdischen Allgemeinen. Palmer ist sogenannter Vaterjude, da die jüdische Linie nur über die Mutter vererbt werden kann. Sein 1930 geborener, unehelicher Vater war das Kind einer Christin und eines Juden, der mit seiner Familie 1937 in die USA emigrierte. Laut Boris Palmer soll es auch in der mütterlichen Linie verfolgte Juden geben. Artikel in Tag24. Palmer wird vorgeworfen, seine jüdischen Vorfahren immer dann in die Debatte zu werfen, wenn es opportun ist, etwa bei der Argumentation gegen die Umbenennung der Uni Tübingen wegen des antisemitischen Namensgebers. Facebook-Post von Palmer über archive. Zusammenfassung bei T-Online

Im Mai 2023 spricht Michel Friedman auf einer Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Mauthausen im österreichischen Parlament. Das ORF sendet seinen sechsminütigen Redebeitrag, ein Schnipsel wird auf Twitter gepostet. Etliche der User posten Kommentare über Friedmans Affäre von 2003, einige kippen in Antisemitismus ab, dieser hier besonders deutlich.

Tweet

Im Mai 2023 sind zum einen Roger Waters als auch Claudia Roth wieder in den Medien. Roger Waters wird nach dem Konzert in Berlin wegen Volksverhetzung angezeigt. Bericht bei T-Online. Die Jüdische Allgemeine urteilt über das Konzert mit "noch schlimmer als erwartet."

Claudia Roth wird in Frankfurt beim Jewrovision Song Contest bei ihrer Rede als Gast des ZRdJ ausgebuht. Die Aktion soll vorher geplant gewesen sein. Einschätzung von Matthias Meisner für die taz. Kritik an der Aktion kommt von jüdischen Prominenten über einen offenen Brief. Bericht im Spiegel

Ende Mai 2023 wird auf der Mini-Demo von Nikolai Nerling in Solingen der Gamer Fabian L. identifiziert, der mehrmals mit dem T-Shirt JDN LGN (Juden lügen) auftrat.

2020 mit Foto (aber noch ohne Namen) bei einer Querdenken-Demo, dokumentiert vom Störungsmelder der Zeit. Bei Nerling mit Namen von Köln gegen Rechts.







Philosemitismus

Philosemitismus ist die unkritische Liebe zu Juden, nur weil sie Juden sind. Der Begriff wurde im 19. Jahrhundert geprägt und galt zunächst als Schimpfwort von Antisemiten gegenüber nichtjüdischen Gegnern, die Juden verteidigten. Wikipedia

Sucharit Bhakdi im Juli 2021 bei Kai Stuht (Blogbeitrag), Ausschnitt 


Über "Freundschaft aus Schuldgefühl", Jens Rosbach für DLF Kultur im Jahr 2016. 

1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland und Köln bemalt eine Straßenbahn. David Ranan 2020 für DLF Kultur


Aus dem Studienbericht der Uni Bielefeld von 2017 (s.o.) 


Im April 2023 berichtet BR24 über Ekaterina Guntner, einer 1990 aus Russland eingewanderten Jüdin, die für die AfD als Bezirkskandidatin in Mittelfranken kandidiert. Sie "sei seit 2016 in der AfD und ihre wäre noch nie ein Antisemit in der Partei begegnet". Guntner ist Höcke-Verehrerin und bezeichnet ihn wegen seiner Wohlgesinntheit dem Judentum gegenüber als Philosemiten. 
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