"Wokes Deutschland" - Die Tagung von REPUBLIK21 e.V. / R21

 


Link: zum Videostream der Tagung

Impressum der ausrichtenden Denkfabrik R21: REPUBLIK21 e.V. Denkfabrik für neue bürgerliche Politik, Baierbrunner Straße 25, 81379 München, Gesetzlicher Vertreter: Prof. Dr. Andreas Rödder (Vorstand), Dr. Kristina Schröder (Vorstand), Dr. Harald Mosler (Vorstand)


Vorbemerkung 1: Die Denkfabrik R21 selbst ist hier nicht der Gegenstand des Blogbeitrags. Es gibt auch keine Empörung über Anna Schneider und Carsten Linnemann für eine normale menschliche Reaktion, auch wenn man es auf Twitter anders sah. 



Vorbemerkung 2: Erklärung für woke in Twitter-Länge - "Woke" ist das amerikanische Wort für "erwacht"/"awake". Gegner machen daraus "weak"/ "schwach". Längere Erklärung und geschichtliche Entwicklung bei Wikipedia


Die Tagung

Am 07.11.2022 fand in einem Berliner Veranstaltungszentrum in der Nähe des Brandenburger Tores eine von der Denkfabrik R21 organisierte Veranstaltung zur linken Identitätspolitik in Deutschland statt. Der Titel der Veranstaltung lautete mit vollem Titel "Wokes Deutschland - Identitätspolitik als Bedrohung unserer Freiheit?"

Angekündigt wurde diese Ende Oktober 2022 über den Account des befreundeten Netzwerks Wissenschaftsfreiheit. 

Tweet


Die Tagung fand statt im Plenum des Axica-Forums, das in der Bestuhlung mit Bühne/ Podium 54 Sitzplätze bietet. 13 Personen waren Moderatoren und Redner, es blieben einige Stühle leer, Zuschauer dürften weit unter 40 Personen gewesen sein. 

Saalplan


Es gab diverse Vorträge, Podiumsgespräche und mit Moderatoren, den Vortragenden und Möglichkeit der Nachfrage aus dem Publikum sowie eine Podiumsdiskussion. 

Auf Youtube besteht die Möglichkeit, mittels des Transkripts die Aussagen der jeweiligen Vortragenden nachzulesen. Das Video hat ca. 15.500 Zugriffe bis 19.11.2022, 21:00 Uhr (um die 20.000 bis März 2023). Transkript aufrufen: Unter dem Video ganz rechts bei den drei Punkten das Menü öffnen, "Transkript anzeigen" anklicken, das Transkript öffnet rechts neben dem Video. 

Auf der Homepage der R21 ist zudem ein Manifest verlinkt, das kurz auf 3 Seiten erklärt, dass es einer "neuen bürgerlichen Politik" bedürfe. Was diese neue Politik will, wird in Thesen auf einer Seite festgehalten, um auf den anderen zwei Seiten zu erklären, wie man in konservativ-liberalen Kreisen an der Umsetzung dieser Thesen gehindert würde. 


Die Teilnehmer

Die Einführungs- und Abschlussrede sprach Gastgeber Andreas Rödder, Mitbegründer von R21. Rödder ist Historiker und Professor an der Uni Mainz. Wikipedia/ Vita. Die "woke" Kultur ist seit einigen Jahren sein Thema, insbesondere tritt Rödder gegen das Gendern und die Cancel Culture in der Wissenschaft an. Er ist Mitinitiator des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit und seit dem Frühjahr in die Programmkommission der CDU berufen worden. Rödder war 2017 Gründungsmitglied der Werte Union. 

Homepage der WU - auch über archive/
Stand Februar 2023, "über uns" - Geschichte

Die Anmoderationen wurden gehalten von Andreas Rödder und der zweiten Gastgeberin Kristina Schröder, CDU-Mitglied und ehemalige Familienministerin. Schröder ist heute Unternehmensberaterin und Mitbegründerin von R21. Wie Rödder trat Schröder bei der "Vollversammlung der wahren Schwarmintelligenz" von Klaus Kelle (Blogbeitrag). Schröder war Kolumnistin bei Tichys Einblicke, ist heute Kolumnistin bei der WeLT. 

Die Gesprächsrunden werden moderiert von den Journalistïnnen Alexander Kissler (NZZ) und Anna Schneider (WeLT). 

Der erste Vortrag wurde von Susanne Schröter gehalten, Mitbegründerin von R21 und des Netzwerkes Wissenschaftsfreiheit. Schröter ist Professorin in Frankfurt und als Ethnologin hat sie sich auf den Islam spezialisiert. Sie führt das Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam (Homepage), das regelmäßig zu Veranstaltungen einlädt. Susanne Schröter wird auf der Homepage als eine der führenden Sachverständigen des politischen Islam bezeichnet. Schröter war Erstunterzeichnerin des "Appells für freie Debattenräume" (Blogbeitrag). In ihrem Vortrag spricht sie über die falsche Sicht der Linken auf Kolonialisierung, die nur die europäische betrachtet, nicht jedoch das Osmanische Reich. Das läge an der "Critical White Theory, die aus dem USA nach Deutschland geschwappt käme und man den Weißen eingeredet hätte, sie wären als Weiße per se Rassisten." Weiter sagt Schröter ab Minute 24:30 im Stream, dass "praktischerweise  dies von Antirassismus-Trainer und -Trainerinnen erzählt  und man sich mit dieser These ein erkleckliches Einkommen sichern würde

Sandra Kostner ist Dozentin an der Pädagogischen Hochschule in Schwäbisch Gmünd und Hauptinitiatorin des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit und Vorstand des Vereins (Homepage), ihr wichtigstes Thema ist die linke Identitätspolitik, die sich in Hochschulen und Universitäten nicht mehr auf die Genderstudies beschränken sondern schon in juristische und politische Studiengänge einfließen. Auch Kostner gehört zu den Erstunterzeicherïnnen des "Appells für freie Debattenräume". Interview mit Kostner und Rödder zur Gründung des Netzwerks Wissenschaftsfreiheit mit Zeit Campus. 

Ahmad Mansour ist Araber, Israeli und hat seit 2017 die deutsche Staatsbürgerschaft, er kam 2004 aus Studierender nach Berlin. Sein Thema ist die Bringschuld von Geflüchteten zur Integration in Deutschland. Mansour gründete 2018 zusammen mit seiner Frau Beatrice Schätzle die Mansour-Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention MIND GmbH (North Data, Homepage). MIND mit den beiden Schulungen ReThink und ReStart ist bei der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Bayerischen Familienministerium gelistet. Im Gespräch stellt Mansour die Kritik heraus, dass man bei der Tagung "unter sich" geblieben wäre, wie auch "die andere Seite (mit den vielen Fördergeldern) unter sich bleiben würde, man müsse aufeinander zugehen. Mansour sprach auch die Attentate von Hanau an, die eine Milliarde Gelder gegen den Rassismus generiert hätten, diese Gelder aber fas ausschließlich in Gruppierungen und an Akteure fließen würden, die der Identitätspolitik nahe stehen würden. 

Der tut nichts, der redet nur.  


Judith Sevinc Basad ist Journalistin und Publizistin. Sie verließ in 2022 die BILDZeitung im Streit, um bei Julian Reichelts Rome Medien anzuheuern. Siehe Blogbeiträge hier und hier. Ihr Vortrag beginnt mit der These, die "woke Bewegung" sei gefährlicher als der Rechtsextremismus, da "Social Justice Disziplinen eine wissenschaftliche Legitimation erhielten und sich Aktivisten schmücken mit dem hehren Ziel, die Welt zu einem Ort ohne Diskriminierung machen zu wollen". Kritiker dieser Aktivisten würden schlimmstenfalls als  Faschisten gebrandmarkt. Neben den Aktivisten werden auch Journalisten und Medienmacher angesprochen, als Beispiel für "woke" werden ARD und ZDF angesprochen, bei denen das Wort "weiß" immer klein und kursiv geschrieben würde (?) und weiße Menschen das Knie beugen müssten (??), Basad scheint hier auf die Black Lives Matter-Proteste anzusprechen. Basad kritisiert das Gendern, um im nächsten Satz das muslimische  Kopftuch und die Gewalt im Islam anzusprechen, die "Woke" nicht sehen würden. Um alle woken Aktivisten anzusprechen, folgt zwei Sätze später die Kritik am gefährlichen trans Aktivismus, dazu wird die Affäre um Marie Luise Vollbrecht und um das Dossier in der WeLT als Bespiel angeführt (Blogbeitrag

Im Gespräch mit Kissler werden linke Twittermobs gegen Firmen angesprochen, ebenso dass diese Mobs jemanden den Job kosten würden. Es geht hier um Jan A. Karon, der als freier Journalist für den ÖR gerarbeitet hat, der RBB oder SWR sind hier keine Arbeitgeber sondern Auftraggeber. Ein paar Tage später wird bekannt, dass Karon Kollege von Basad bei Reichelt wird. 

René Pfister ist USA-Korrespondent des Spiegel in Washington, er schrieb gerade das Buch "Ein falsches WortWie eine neue linke Ideologie aus Amerika unsere Meinungsfreiheit bedroht". Bekannt wurde Pfister in 2011 nach Aberkennung des renommierten Henri Nannen-Preises in der Kategorie "Reportage", nachdem bekannt wurde, dass er für ausgezeichnete Reportage über Seehofer nie in dessen Modellbaukeller gewesen ist. 

Bernd Stegemann ist Professor für Dramaturgie und Theatergeschichte an der HS für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin und gründete 2018 zusammen mit Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine die Sammlungsbewegung "Aufstehen", deren Vorstand er zeitweise war. Heute ist Stegemann nicht mehr in die Initiative involviert. Sein Thema ist der "woke Kapitalismus" (* siehe auch unten) als verkürzte Formel: "Progressiver Neoliberalismus macht statt Umverteilung Gendersternchen." und "wenn Ihr Gendersternchen wollt, ist das gut, wenn Ihr mehr Lohn wollt, ist es schlecht". Stegemann bringt hier exemplarisch den Konzern Amazon mit "genial globales, diskriminierungsfreies Arbeiten ohne Gewerkschaften". Stegemann wünscht zudem eine Erklärung, warum der dunkel ummantelte Keks nicht mehr Afrika heißt sondern Perpetuum und wo sich dort der Rassismus darstelle.

Linda Teuteberg ist seit 2017 Mitglied des Bundestages und war von 2019 bis 2020 Generalsekretärin der FDP. Legendär ist Lindners öffentlicher "Rauswurf" aus diesem Amt mit einem sexistischen Spruch, für den er sich später entschuldigte. Bericht in der Zeit. Teuteberg war als Duz-Freundin von Schröder zur Veranstaltung geladen. Teuteberg sprach über die Ambiguitätstoleranz (Wikipedia) und dass man sich "gegen Abbau realer Diskriminierung stark machen könne, ohne sich mit einer gewalttätigen Gruppierung gemein zu machen und quotierten Gesellschaft das Wort zu reden, Menschen in unenttrennbare Gruppenzugehörigkeiten einzuteilen, so dass sich ständig nur Opfer und Privilegierte gegenüberstehen, das ist eine zutiefst illiberale Methode ...

Kissler outet sich in der Gesprächsrunde mit Teuteberg als FDP-Mitglied. 

In der letzten Gesprächsrunde saßen dann Natalie Mekelburger, Unternehmerin und Initiatorin der Denkfabrik R21, der Kabarettist Dieter Nuhr, Kristina Schröder, als stellvertretende. Vorsitzende der Denkfabrik R21 und Linda Teuteberg auf dem Podium, die Moderation hatte Anna Schneider. An zwei kurzen Statements auf dem Podium entzündet die nachfolgende Debatte in den (sozialen) Medien.

Als Gäste gesehen wurden neben Carsten Linnemann und Tilman Kuban



auch der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Volkswagen Matthias Müller, der seine Lebensgefährtin Mekelburger begleitete. Müller ist im Beirat der R21.


Zu Gast war auch der Journalist Alexander Wendt (Blogbeitrag zu Publico), Redakteur bei Tichys Einblick.

Am Mikro: Dagmar Lorenz, Sprachwissenschaftlerin 
und Genderkritikerin. Text von 2012/Deutschlandfunk



Berichte und Reaktionen auf die Tagung

Berichte und Meinungen zur Tagung im Stern, bei der taz und Tichys Einblicke. Tichy kritisiert den Text beim Stern als Übernahme von DPA, der Artikel findet sich wortgleich in diversen kleinen Lokalpublikationen (Beispiel hier) In der NZZ macht sich Autor über die Reaktionen aus der "woken Linken" lustig.

Am 08.11.2022 schreiben Schröder, Rödder, Schröter und Mansour eine längeren Artikel (Paywall) in der WeLT, in der sie noch einmal die Thesen ihres Manifests wiederholen.


In den ersten zwei Absätzen wird die "woke Linke" gleichgesetzt mit der populistischen und extremistischen sowie radikalen Rechten. Eine klassische Beschreibung der Hufeisen-Theorie, in der sich die CDU seit längerem als ausgleichende bürgerliche Mitte begreift. DLF Nova von 2020.

Am 10.11.2022 bringt Kontraste einen Bericht über die neue Selbstfindung der CDU, die seit der verlorenen Bundestagswahl nach Themen sucht. Als Schlüsselfiguren werden der Vorstands-Vize Carsten Linnemann, ehemals Mittelstandsunion sowie Andreas Rödder genannt und begleitet. Unter anderem wird auch von der unwoken Tagung in Berlin berichtet, die von Linnemann und Tilman Kuban besucht wurde. Video auf Youtube, erster Bericht

Eine kurze zusammengeschnittene Passage mit Basad, Schröder und Dieter Nuhr findet sich am Tag danach auf Twitter in einem Tweet der MdB der Grünen Marlene Schönberger und entfacht eine Debatte um antisemitische Chiffren von Schröder und Nuhr.



Schröder sagt ab Minute 4:26:33: " ... und deswegen ist das natürlich extrem entscheidend also das ist das eine warum ich glaube warum wir Bürgerlichen da wenig Sensibilität haben und ich glaube das zweite ist ist wir Bürgerlichen oft denken das ist alles so bekloppt das wird sich wegen offenkundiger Beklopptheit von selbst erledigen, was wir da aber glaube ich übersehen ist wie wie, ich glaub' Josef Joffe das mal so schön gesagt: Die die so ticken das ist eine Minderheit aber die sind im Besitz der der kulturellen Produktionsmittel in den Medien in den Unis in den NGOs und deswegen schaffen sie es Schritt für Schritt es zu institutionalisieren zum Beispiel über das Beauftragtenwesen und deswegen also mittelfristig bin ich schon optimistisch und glaube es wird sich die Welle wird wieder abflachen so wie wir auch antiautoritäre Erziehungen in den 60er Jahren war mal ganz groß und im Nachhinein sagen sie das war eine Verirrung. Ich glaube, dass in 20 Jahren wir das auch sagen werden aber ich fürchte erstmal bis dahin wird es noch mal eine harte Zeit für die Freiheit." Redigiertes Transkript. Der Satz aus dem Video (fett) ist verkürzt dargestellt. 

Nuhr sagt über Berlin: " ....  dazu kommt ja noch wir sind jetzt hier in Berlin in Berlin ist ja die öffentliche Meinung noch mal anders als irgendwo im Westen der Republik wenn man wenn man durch Bochum läuft, glaube ich oder diese Orte, wo Linke glauben, da werden sie eigentlich zu Hause, da gibt es eine ganze da gibt es eine Bevölkerung die überhaupt nicht mehr weiß, wovon reden die da eigentlich in Berlin das wird auch in Berlin vorortet, ja diese dieser Wahnsinn und man hat das Gefühl dass hier eben eine machtvolle kleine Elite versucht zu steuern gegen einen Großteil der Bevölkerung das ist zutiefst antidemokratisch was sich da tut das stellt unsere Demokratienfrage."  Ab Minute 4:30:36

Andreas Rödder antwortet über die Homepage von R21 auf die Vorwürfe aus der CDU, man habe ein Randthema behandelt. Rödder betont, man würde keinen Kulturkampf herbeiführen, sondern Realitäten analysieren.  


Veronika Kracher fasst für Belltower die Reaktionen nach der Kontraste-Sendung zusammen und gibt weitere Beispiele aus den Medien, wie das Schlagwort "woke" genutzt wird. 

Für die Berliner Zeitung gibt Ben Krischke, sonst Cicero, seine Einschätzung hinter der Paywall ab. 



Anna Schneider beklagt sich in einer WeLT-Kolumne (über archive) über die Bezeichnung Nazi für Dieter Nuhr. Auf Twitter wird ihr widersprochen, lediglich zwei kleinere Accounts hätten Nuhr explizit als Nazi bezeichnet. 

Thread

Einschätzung von Schneiders Text in Übermedien

Auch bei Tichy wird von "Nazis" geschrieben. Warum die URL-Überschrift einer Korrektur bedurfte, weiß sicherlich die Redaktion. 




Martenstein schreibt in seiner Kolumne (über archive), dass ein wokes Denken unsere Demokratie gefährdet, da es im Gegensatz zu den radikalen Rechten bereits in der Regierung sitzt.


Am 19.11.2022 wehrt sich Schröder in einer Kolumne bei der WeLT (über archive). Anstatt auf den genauen Wortlaut (siehe oben) hinzuweisen, der die antisemitischen Chiffren entschärft, greift sie auch die eigenen CDU-Parteimitglieder wie Ruprecht Polenz und den MdEU Dennis Rathke an. 


Ulf Poschardt verlinkt den Artikel seiner Kolumnistin. 

Tweet



*Zu Stegemanns Theorien: Dossier zum "woken Kapitalismus" in Makroskop, kürzere Erklärung zum woken Kapitalismus beim Südwestrundfunk/ SWR.
















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